Geschichte: Friedrich der Große – Ein König an der Front

Das Schicksal Preußens stand im Herbst 1757 auf Messers Schneide. König Friedrich II., genannt der Große, hatte am 17. Juni bei der böhmischen Stadt Kolin eine Niederlage gegen die Kaiserlichen erlitten und der Dritte Schlesische oder Siebenjährige Krieg (1756 bis 1762) drohte endgültig verlorenzugehen. Im August unternahmen russische Truppen eine Offensive gegen Ostpreußen. Und nun rückte auch noch eine französische Armee von Westen heran und zog plündernd durch Thüringen. Immer wieder waren die Franzosen seit dem Dreißigjährigen Krieg in den Westen des Reiches eingefallen. Langsam machte sich diese Nation bei den Deutschen verhasst.

Immer vorneweg im Kampf – General Friedrich Wilhelm von Seydlitz in der Schlacht bei Roßbach. Gemälde von Anton von Werner (um 1890). Foto: CC0, Wikimedia Commons

In Eilmärschen mussten die preußischen Streitkräfte von Böhmen über Sachsen dem Feind entgegen marschieren. Trotz aller damit verbundenen Strapazen konnte sich der damals 45-jährige König auf seine Männer verlassen. Das Zerrbild vom geprügelten, gedemütigten Preußensoldaten, der Tag und Nacht nur ans Desertieren dachte, hat sich bis heute gehalten. Tatsächlich kamen gewaltsame Rekrutierungen kaum vor.

Kavallerie und Jägertruppen bestanden ohnehin aus Freiwilligen. Infanteristen wurden meist im sogenannten Kantonalsystem, einem Vorläufer der allgemeinen Wehrpflicht, ausgehoben. Dabei waren Familienväter und Studenten davon meist ausgenommen. Die Prügelstrafe, vor allem das gefürchtete «Spießrutenlaufen», vollzog man im Krieg eher selten, und wenn, dann nicht häufiger als bei anderen Armeen damals üblich.

Ein Vorbild für seine Soldaten

Einen gravierenden Unterschied gab es freilich: In den meisten europäischen Ländern hielt man den Soldatenberuf für eine Schande. Oft war es der Bodensatz des Volkes, Zuchthäusler und Landstreicher, die in Uniformen gesteckt wurden. Bei den Preußen hingegen galt es als Ehre, des Königs Waffenrock zu tragen.

Noch der letzte Rekrut durfte sich allgemeiner gesellschaftlicher Wertschätzung sicher sein. Das brachte eine hohe Kampfmoral hervor. In Kadettenanstalten wurden die fast ausnahmslos einheimischen Offiziersanwärter zum Korpsgeist, Patriotismus und Disziplin erzogen. Wäre dies anders gewesen, hätte Friedrich die drei schweren Schlesischen Kriege niemals überstanden.

Der König gab auch ein persönliches Beispiel. Mit seinen Soldaten teilte er die meisten Entbehrungen und setzte sich ohne Rücksicht auf die eigene Person Gefahren aus, wenn es nötig schien. So ergriff er während der Schlacht bei Zorndorf 1758 persönlich eine Regimentsfahne und führte seine Männer zum Angriff.

Immer vorneweg

Anfang November 1757 beschloss Friedrich, der französischen Offensive zuvorzukommen. Es galt, so rasch als möglich zu marschieren, obwohl viele Soldaten abgekämpft waren. «Meine Leute sehen aus wie die Grasteufel, aber sie beißen», berichtete der Preußenkönig. Den Oberbefehl auf der Gegenseite führte der 43-jährige Charles de Rohan, Prinz von Soubise, «ein furchtsamer und unentschlossener Kommandeur, der seine hohen militärischen Ehren dem Einfluss der Madame Pompadour zu verdanken hatte», wie ein Zeitgenosse aus Paris berichtete.

Soubise näherte sich über die Städte Weißenfels und Naumburg an der Saale. In seiner Armee standen auch deutsche Truppen. Da Friedrich mit dem Kaiser zu Wien im Krieg lag, wurde gegen ihn die sogenannte Reichsarmee aufgeboten. Es war ein hochtrabender Name für diese schlecht ausgerüstete und zusammengewürfelte Streitmacht unter dem Befehl des Prinzen Joseph von Sachsen-Hildburghausen.

Am 4. November 1757 zogen Franzosen und Reichsarmee eher gemächlich auf das Städtchen Roßbach (im heutigen Sachsen-Anhalt) zu und postierten sich nach einem Rechtsschwenk zwischen Nahlendorf und Roßbach zur Linken sowie Reichartswerben und Tagewerben am rechten Flügel. Es waren 45.000 Mann mit 144 Kanonen, denen die Preußen nur 22.000 Mann mit 79 Geschützen entgegenstellen konnten.

Wie fast immer nahm Friedrich die Feindaufklärung persönlich vor; diesmal von einem erhöhten Standpunkt aus. Der Fähnrich Georg Gans Edler zu Puttlitz berichtete über die Funktion des örtlichen Herrenhauses: «Von diesem Hause konnte man aus dem Dachfenster die ganze Stellung des Feindes überblicken. Der König war selber oben gewesen und hatte sie gesehen.»

Ein Husarenstreich

Preußens Garde-Infanterie war nicht aufzuhalten. Gemälde von Carl Röchling (1855–1920), Angriff der preußischen Infanterie. Foto: CC0, Wikimedia Commons

Alles hing jetzt vom Überraschungsmoment ab, welches Friedrich glänzend beherrschte. «Schlagkraft und Beweglichkeit waren die Hauptelemente seiner Strategie», urteilte der britische Feldmarschall Bernard Montgomery in seiner Weltgeschichte der Schlachten und Feldzüge.

Dafür besaß Friedrich genau den richtigen Mann: General Friedrich Wilhelm von Seydlitz. Dieser schneidige Kavallerieführer, erst 36 Jahre alt, eröffnete Attacken regelmäßig, indem er seine brennende Tabakspfeife in die Luft warf. Bei Roßbach wurde ihm fast die gesamte Kavallerie unterstellt, obwohl etliche rangältere Generale Anspruch darauf besaßen. «Ich gehorche dem König, und Sie gehorchen mir!», kommentierte Seydlitz seine Mission.

Im französischen Lager erörterte man angesichts der eigenen erdrückenden Überzahl sogar die Frage, ob es für eine so große Armee ehrenvoll sei, sich mit einer derart kleinen zu schlagen.

«Nie war ein kriegerischer Eigendünkel lächerlicher und nie wurde er besser bestraft», schreibt der preußische Offizier Johann Wilhelm von Archenholtz in seinen Erinnerungen. Eigentlich wollte der Preußenkönig die Alliierten bei ihrem Anmarsch attackieren, als er aber bemerkte, dass diese ihrerseits aus einer starken Position zum Angriff vorgingen, änderte er seinen Plan. Flexibilität und das Reagieren auf Gegner, Gelände und Kräfteverhältnis zeichneten den König als bedeutenden Feldherren aus.

Bei Roßbach wirkten vor allem Artillerie und Reiterei zusammen. Oberst Karl Friedrich von Moller, bewährter Artilleriechef der Preußen, hatte östlich von Roßbach auf dem Janushügel, unbemerkt vom Feind, eine Batterie von 18 schweren Geschützen stationiert. Sie nahm gegen 14.30 Uhr den linken Flügel des Gegners eine dreiviertel Stunde unter heftigen Beschuss.

Gleichzeitig griff Seydlitz mit 6.000 Reitern am Osthang des Janushügels in den Kampf ein. Es waren die Kürassierregimenter Rochow, Driesen, Garde du Corps, Gens d‘Armes und Leibregiment, die Dragonerregimenter Meinicke und Czettritz sowie das Husarenregiment Székely.

Die französische Kavallerie, durch den Beschuss vom Janushügel bereits ziemlich in Unordnung geraten, brach unter der Attacke zusammen. Sogar leichte Reiterei bedrängte die schwere Kavallerie und warf sie über den Haufen. Die «Grünen Husaren» mit ihren flinken Pferden waren verwegen genug, das französische Elite-Regiment Cuirassiers du Roi anzugreifen. Nur der Standhaftigkeit der österreichischen Hilfstruppen (Kürassierregimenter Brettlach und Trautmannsdorf) sowie den Ansbach-Dragonern war es zu danken, dass die Schlacht nicht sofort in einer Katastrophe für Soubise endete.

Im Feuersturm

Anstatt seinen hart bedrängten linken Flügel zu unterstützen, verharrte General Soubise unschlüssig südlich von Roßbach. Noch Jahrzehnte später wetterte Kaiser Napoleon I. über die «von solchen lahmen, an Leib und Seele schwachen und von flügellahmen Offizieren befehligte» Armee. Seydlitz bekam genügend Zeit für einen zweiten Angriff. Nachdem er die feindlichen Linien durchstoßen hatte, ließ er seine Reiter zunächst in einem Hohlweg nahe Tagewerben Halt machen.

Friedrich hatte vom Dachboden des Roßbacher Herrenhauses den Fortgang der Kämpfe beobachtet. Nach den Attacken von Seydlitz schien es ihm an der Zeit, das Fußvolk einzusetzen. Auf seinen Befehl war die Hauptstreitmacht der preußischen Infanterie unter Feldmarschall Jacob von Keith mit etwa 1,5 Kilometer Frontlänge aufmarschiert. Ihren linken Flügel unter Prinz Heinrich bildeten die Regimenter Kleist, Alt-Braunschweig, Forcade und die Jung-Billerbeck-Grenadiere. Ihrem versammelten Feuer konnten die französischen Infanterieregimenter Piémont, Mailly, Provence und Poitou unter General de Lorge nicht standhalten. Hier bewährte sich wieder die gefechtsnahe Ausbildung der preußischen Soldaten nebst ihrer geradezu maschinenmäßigen Schussfolge.

«Wir waren alle fritzisch gesonnen.» Goethe

Wegen der geringen Zielgenauigkeit damaliger Gewehre war individuelles Schießen für den Feind eher ungefährlich. Die Lösung war gnadenloser Drill für vereintes Feuer in Bataillonsstärke (etwa 800 bis 1.000 Mann). Im Kampf stand dann ein Bataillon neben dem nächsten, die Schützen Ellbogen an Ellbogen, in drei Reihen hintereinander gestaffelt. Jedes Bataillon bildete eine Feuereinheit, die auf Kommando Salven abgab und damit bei kurzen Entfernungen durchaus Wirkung erzielen konnte.

Der große König verteidigte Preußen in den Schlesischen Kriegen gegen eine übermächtige Feindallianz. (Bildnis von Wilhelm Camphausen, 1870) Foto: CC0, Wikimedia Commons

Als der langsam in schräger Marschrichtung vorgehende rechte Flügel der Preußen unter Prinz Ferdinand von Braunschweig mit zwei Gardebataillonen, den Regimentern Ramin, Markgraf Karl, Meyerink, Itzenplitz und den Retzow-Grenadieren das Feuer eröffnete, ging der Kampf rasch dem Ende entgegen.

Noch ehe es zur unmittelbaren Feindberührung kam, warfen die Franzosen der zweiten Linie unter Herzog Victor-François de Broglie ihre Waffen weg und nahmen Reißaus. Seydlitz, durch einen Schuss in den Arm verwundet, erfasste die Situation blitzschnell und befahl zwei Kürassierregimentern unter General Georg von Schönaich einen dritten Angriff. Von ihnen wurden die demoralisierten Gegner über mehrere Kilometer verfolgt und insgesamt 7.000 Gefangene eingebracht.

«Die Franzosen ebenso wie die Reichssoldaten warfen ihre Gewehre weg, um sich desto geschwinder retten zu können. Nur einige Schweizerregimenter fochten noch eine Zeitlang und waren die letzten auf dem Schlachtfelde», so Archenholtz. Demnach retteten Schweizer (Infanterieregimenter Diesbach und Planta), sowie Deutsche (Bataillon Hessen-Darmstadt) wenigstens formal die Ehre der französischen Waffen. Ein leidiges und leider nicht das letzte Paradoxon dieser Art.

Frankreichs vernichtende Niederlage

Nach knapp drei Stunden ging die Schlacht zu Ende. Die Niederlage der Franzosen war vollständig. Außer den 7.000 Gefangenen verloren sie 3.000 Mann an Toten und Verwundeten. Dank Friedrichs geschickter Taktik, dem Zusammenwirken aller Waffengattungen, büßten die Preußen nur 548 Mann ein, davon 169 Tote, und – was noch entscheidender war – sie erbeuteten 72 feindliche Kanonen. Ihre artilleristische Unterlegenheit konnte damit für längere Zeit kompensiert werden. Friedrich Wilhelm von Seydlitz wurde für seinen tapferen Einsatz zum Generalleutnant befördert und mit dem höchsten preußischen Orden vom Schwarzen Adler ausgezeichnet.

Der überraschende Sieg von Roßbach löste bei vielen Deutschen Freude und Genugtuung aus. Die französischen Eindringlinge, die seit Jahrzehnten Deutschland als militärischen Tummelplatz missbrauchten und die Bevölkerung drangsalierten, waren noch nie so vollständig geschlagen worden. «Wir waren alle fritzisch gesonnen», erinnerte sich der Frankfurter Johann Wolfgang Goethe.

Kurz nach Roßbach schlugen die Preußen auch den zahlenmäßig weit überlegenen kaiserlichen Gegner bei Leuthen. Obwohl sich der dritte Schlesische Krieg noch fast fünf Jahre hinzog, ging Friedrich schließlich als Sieger hervor. Den Grundstein dafür hatte die Schlacht bei Roßbach gelegt, weil die französischen Truppen danach militärisch kaum noch in den Konflikt eingriffen.

Überdies machte die Schlacht in Großbritannien (dem traditionellen Gegner Frankreichs) solchen Eindruck, dass bald danach ein Militärvertrag mit Berlin geschlossen wurde, wodurch Geld und Soldaten aus England als Unterstützung kamen. Es war, wie der König später schrieb, «das Mirakel des Hauses Brandenburg».

 

2 Gedanken zu “Geschichte: Friedrich der Große – Ein König an der Front


  1. GRÖSSTE VERLOGENHEIT SEIT
    BESTEHEN DER BUNDESREPUBLIK

    Als ich heute vom Einkaufen heimfahre,
    sehe ich auf der anderen Strassenseite
    ein grosses Plakat mit der Aufschrift:

    “Für billige Strompreise

    Alle Stimmen für die Grünen”

    Es waren hauptsächlich die Grünen, die
    mit ihrer Energie-Politik dafür sorgten,
    dass die Strompreise extrem gestiegen
    sind und weiter steigen.

    So eine VERLOGENHEIT ist an Dreistigkeit
    kaum noch zu überbieten. Und wo sind die
    Doofen, die diese Lüge glauben sollen?

     

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